Grüner Strom mit Nebenwirkungen

Das war´s dann in Sachen AKW Grafenrheinfeld: Heute geht in Bayern der aktuell älteste aktive Atomreaktor Deutschlands vom Netz. Ein weiterer kleiner Baustein beim Großprojekt Energiewende, das von immer weniger Euphorie und immer mehr wahrgenommenen Nebenwirkungen begleitet wird. Grüner Strom ist nicht ohne!

Die Kleinstadt Witzenhausen in Hessen: Hier im schönen Werratal könnte das Leben eigentlich für alle weiter seinen gewohnten Gang gehen. Wären da nicht die Pläne für insgesamt fünf Windräder. Keine kleinen Anlagen, sondern richtig dicke Brummer: Auf bis zu 200 Meter Höhe schätzt die dortige Bürgerinitiative Windkraftfreies Werratal die zukünftigen Anlagen. Nun läuft man dagegen Sturm. Bislang mir mäßigem Erfolg. „Natürlich wünscht sich jeder von uns die Energiewende – aber bitte auch mit dem nötigen Verstand für alle Folgen, die das mit sich bringt“, sagt Christian Sahar Neckel von der Bürgerinitiative.

Grüner Strom: Bürger fühlen sich übergangen

Genau daran fehle es aber, so seine Kritik. „Es wird nicht mehr gefragt, ob so ein Bau auch sinnvoll ist. Es wird einfach gemacht. Früher haben die Grünen jeden einzelnen Lurch geschützt, heute werden die Räder mitten in die Landschaft gestellt, ohne über Alternativen nachzudenken“, sagt Neckel. Ängste und Sorgen der Bevölkerung zum Beispiel zu gesundheitlichen Auswirkungen von Windkraftanlagen würden dabei einfach vom Tisch gewischt.

Aber können Windräder die Menschen wirklich krank machen? Zumindest mehren sich die Anzeichen aus dem Energiewende-Vorzeigeland Dänemark. Das Stichwort heißt Infraschall: Schwingungen unterhalb der Hörbarkeitsgrenze, erzeugt von Vibrationen der Turbinen. Dänemark zeigt sich nach vermehrten Berichten über Gesundheitsbeeinträchtigungen besorgt. Man will Auswirkungen von Infraschall nun eingehend untersuchen.

Neue Stromtrassen von Nord nach Süd

Nicht nur wegen der Optik und möglicher gesundheitlicher Risiken von Windrädern formieren sich immer mehr Bürgerinitiativen in Deutschland. Auch die geplanten neuen Stromtrassen in Deutschland wecken den Unmut vieler Menschen. Aber irgendwie muss er ja von windig nach sonnig. Grüner Strom aus Windkraft entsteht in Norddeutschland. Aber auch Süddeutschland will welchen haben..

Und es lauern noch so manche Haken und Ösen im Zuge der Energiewende: Immer wieder gibt es Warnungen vor einer „Vermaisung“ von Ackerböden. Mais hat einen großen Anteil an der Gewinnung von Bioenergie. Und ein Großteil der deutschen Bevölkerung hat längst kein Verständnis mehr für die EEG-Umlage. Warum soll der kleine Endverbraucher darüber die Energiewende finanzieren? Warum sind die größten Stromverbraucher in der Industrie davon aber befreit? Und nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie folgt nun der Kohleausstieg. Grüner Strom… da sind weitere Diskussionen vorprogrammiert.

Grüner Strom kommt nicht zum Nulltarif

Für Norbert Allnoch vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) sind viele Nebenwirkungen im Zuge der Energiewende eine zwingende Konsequenz: „Natürlich haben wir sichtbare Veränderungen, aber man muss immer abwägen, was wir in der Vergangenheit an Auswirkungen hatten und was wir bekommen. Zum Nulltarif gibt es nichts.“

Mit dem Auslaufen von Kernenergie und Braunkohle kämen viele negative Begleiterscheinungen vom Tisch. „Und Strommasten hat es auch früher schon gegeben.“ Andererseits ließe sich ein möglicherweise störendes Windrad in Zukunft aber sicherlich deutlich einfacher demontieren als ein AKW – wenn denn irgendwann einmal neue Techniken zur Energieproduktion zum Einsatz kommen könnten.

Bleibt die Standortfrage für Windkraftboliden

Bis Entwicklungen wie Brennstoffzellen oder gar Fusionskraftwerke die Energieversorgung sichern, gehen noch viele Jahre ins Land. „Es ist aber ein gefährliches Spiel, sich auf die teilweise gnadenlos überalterten Atomkraftanlagen aus dem Ausland zu verlassen“, sagt Norbert Allnoch.

Bleibt also derzeit eigentlich vor allem, auf die Entwicklung effizienter Stromspeichertechniken zu setzen und neben Solar-, Biomasse- und Wasserenergie auch mit Windrädern zu leben, die statt der 50 oder 100 Kilowatt vor 25 Jahren heute bis zu fünf Megawatt bringen – und die Standortfrage.